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Pioniere für Natura 2000 –

Die “Bayerischen Natura 2000-Gemeinden”

Die Auszeichnung “Bayerische Natura 2000-Gemeinde” wird für herausragende Tätigkeiten im Bereich des Artenschutzes und der Kommunalentwicklung verliehen. Die Prämierung des Einsatzes für Natura 2000 wurde im Rahmen des LIFE living Natura 2000 Projekts entwickelt und stellt eine Möglichkeit dar, auch im Bereich der Kommunen beispielhafte Aktivitäten und Projekte hervorzuheben. Dies können vielfältige konkrete Maßnahmen sein, wie etwa der Erhalt oder die Wiederherstellung von Gebieten mit ihren Schutzgütern, dem Artenschutz und generell einem besonderen bürgerschaftlichen Engagement in diesen Bereichen.

In einer Bayerischen Natura 2000-Kommune bündelt sich das breite Engagement für die Natur und das europäische Naturerbe, das damit für alle sichtbar und erfahrbar wird.

Auch die Europäische Komission hat im Rahmen der zweiten Überprüfung der Umsetzung der EU-Umweltpolitik 2019 im Länderbericht für Deutschland die Natura 2000 Gemeinden hervorgehoben. Die bayerische Auszeichnung für die Natura-2000-Gemeinden wird als Vorbild für Sensibilisierungsverfahren genannt.

Natura-2000 Gemeinden, die im Laufe des Projekts ausgezeichnet wurden:

Markt Hohenburg/Oberpfalz:

Rechts sind vier rotbraune Kühe auf einer Weide zu sehen, links eine Fledermaus, die von einer Steindecke herabhängt.
Markt Hohenburg zeigt, was der Mensch für den Erhalt der Artenvielfalt leisten kann.

Die erste bayerische Natura 2000-Gemeinde in Bayern, der Markt Hohenburg, wurde im Rahmen des 1. Bayerischen Natura 2000-Gipfels am 29. und 30. Januar 2018 im Schloss Nymphenburg ausgezeichnet. Immer noch verursacht unsere Lebens- und Wirtschaftsweise einen Rückgang von Arten, so Umweltministerin Ulrike Scharf. In Ihrer Laudatio zur Verleihung der Auszeichnung betonte sie zugleich: „Wir sehen am Beispiel des Marktes Hohenburg aber auch, was der Mensch für den Erhalt unserer Artenvielfalt leisten kann.“Als erste Gemeinde in Bayern erhält der Markt Hohenburg die Auszeichnung für erfolgreiche Schutzbemühungen im Fledermausschutz. Vielfältige Maßnahmen unterstützen den Schutz der Großen Hufeisennase (Rhinolophus ferrumequinum), eine Fledermausart, die in Deutschland keine vitale Population mehr aufweisen kann. Die Populationen in Deutschland sind vom Aussterben bedroht und nur noch im Oberpfälzer Jura und an der deutsch-luxemburgischen Grenze zu finden. Durch ein Fledermaushaus am Marktplatz von Hohenburg, wie auch durch ein LIFE-Natur-Projekt des LBVs konnte die Population der Fledermausart einen erfreulichen Zuwachs verzeichnen.

Maßnahmen des LIFE-Natur-Projekts sind beispielsweise die Verbesserung des Nahrungsangebots durch extensive Beweidungssysteme mit Oberpfälzer Rotvieh und die Vernetzung von Jagdhabitaten durch das Freistellen von zuwachsenden Wiesen und Wäldern. Das Fledermaushaus der Gemeinde stellt zudem die einzige Wohnstätte und Wochenstube der Großen Hufeisennase in Deutschland dar.

Die Auszeichnung beim ersten bayerischen Natura 2000-Gipfel nahmen der Hohenburger Bürgermeister Florian Junkes, der zweite Bürgermeister Manfred Braun sowie der Altbürgermeister Gerhard Schärl entgegen. Maßgeblich für den Fledermausschutzschutz in der Gemeinde sind zudem Rudolf Leitl und Andreas von Lindeiner vom LBV zu nennen, die die wichtigen Maßnahmen zum Schutz und der Förderung der Population federführend durchführen und leiten.

Gemeinde Ergersheim/Mittelfranken:

Vier Vertreter der Gemeinde Ergersheim sind auf dem Bild zu sehen, die von Ministerialdirektor Dr. Rüdiger Detsch die Auszeichnung "Natura 2000 Gemeinde" erhalten
Auszeichnung der Natura-2000 Gemeinde Ergersheim (Bild: Lisa Mitterbuchner/ANL).

Ein gutes Beispiel, wie Naturschutz über Generationen gelingen kann, bietet die Gemeinde Ergersheim im Nordwesten Bayerns, die im Rahmen des Festakts als Natura 2000-Gemeinde ausgezeichnet wurde.

Seit über 300 Jahren macht die kleine Gemeinde mit etwa 1.000 Einwohnern nicht nur im Vogelschutz so einiges richtig: Die Gemeinde und eine sogenannte Rechtlergemeinschaft berufen sich auf eine eigene Waldordnung und betreiben seit 1747 die historische Mittelwaldbewirtschaftung. 320 Hektar Wald werden über je 30 Jahre im Umlauf zur Entnahme von Brennholz bewirtschaftet, Grundwasser bleibt im Waldboden und Grundstücke am Waldrand werden mit Rücksicht bearbeitet.

Die Botschaft von Bürgermeister Springmann: Ein sorgsamer und nachhaltiger Umgang mit der Natur ist keine Frage der neuesten Technologien oder von Verzicht auf Ressourcen. Naturschutz kann und soll auch die Bedürfnisse des Menschen ernst nehmen.

Stadt Iphofen/Unterfranken:

Hier war ein wesentlicher Beitrag zur Natura 2000 Umsetzung durch das 2009 beantragte LIFE-Naturprojekt „Wälder und Waldwiesentäler am Steigerwald-rand bei Iphofen“ wurde von der EU bewilligt und in den Jahren 2010-2014 umgesetzt. Träger des LIFE-Projekts „Wälder und Waldwiesentäler am Steigerwaldrand bei Iphofen“ waren die Stadt Iphofen, die Gemeinde Markt Einersheim und die Bayerischen Staatsforsten.

Mit einem Gesamtbudget von über 1,6 Millionen Euro konnte in den Jahren 2010 bis 2014 das LIFE-Projekt auf über 3.000 Hektar umgesetzt werden. Das Projekt „Hutwaldbeweidung mit Schweinen“ wurde bereits im Jahr 2003 von Herrn Huss mit Unterstützung der Stadt Iphofen, des Bayerischen Naturschutzfonds und des Landschaftspflegeverbandes Kitzingen verwirklicht. In der Folge entwickelte sich daraus das Unternehmen Eichelschwein GmbH. Seit Herbst 2012 werden 17 ha des Hutewaldes mit Rothirschen und Gelbviehrindern beweidet. Die Touristinfo Iphofen hat das Projekt aus touristischer Sicht unterstützt sowie Erfahrungen und Ideen beigesteuert, die zur Optimierung der öffentlichkeitswirksamen Maßnahmen des Projektes beigetragen haben.

Im Rahmen des Projekts wurden Naturerlebniswege, ein Weinberg nach traditionellem Vorbild, ein Mittelwaldinfozentrum gebaut sowie gezielte Naturschutzmaßnahmen für Hirschkäfer, Gelbbauchunken, Kammmolche, Bachmuscheln und zahlreiche Schmetterlings- und Vogelarten durchgeführt werden.

Auch nach Projektende gehen die Aktivitäten weiter, die Stadtförsterei führt  Maßnahmen wie die „Auflichtung ehemaliger Mittelwaldflächen“, den „Schaumittelwald“ und die „Waldrandoptimierung“ durch. Die Bewirtschaftung des Musterweinberges durch Iphöfer Winzer – auch ein gutes Beispiel bürgerschaftlichen Engagements – wird von der Stadt Iphofen, dort von der Touristen-Information, betreut und begleitet. Auch den Unterhalt der Naturerlebniswege und Stationen hat die Stadt Iphofen übernommen und hatte dafür eine gute Idee: Pensionären wurde ein mit Werkzeug bestück-ter Bus zur Verfügung gestellt, um die Naturerlebniswege zu warten.

Gemeinde Haidmühle/Niederbayern:

Eine Frau und vier Männer mittleren Alters stehen vor Publikum und schauen lächelnd in die Kamera. Zwei der Männer halten eine grüne Tafel mit der Aufschrift "Bayerische Natura 2000-Gemeinde Haidmühle".
Auszeichnung der Natura 2000 Gemeinde Haidmühle (Bild: Regierung von Niederbayern).

Regierungspräsident Rainer Haselbeck überreichte beim ersten niederbayerischen Naturschutztag stellvertretend für den Bayerischen Umweltminister der 1. Bürgermeisterin von Haidmühle, Margot Fenzl und weiteren engagierten Vertretern der Gemeinde, die Auszeichnung. Damit wurde der jahrzehntelange, unermüdliche Einsatz der Gemeinde für die Bewahrung ihrer außerordentlich artenreichen Kulturlandschaft „Bischofsreuter Waldhufen“ gewürdigt.

So wurden in einem vorbildlichen Dialogverfahren gemeinsam mit den Flächeneigentümern Teile des Gemeindegebietes freiwillig als FFH-Gebiet nachgemeldet, so dass nunmehr 56 % des Offenlandes im Gemeindegebiet dem europäischen Schutzgebietsnetz Natura 2000 angehören. Auf der Hälfte der landwirtschaftlichen Nutzfläche haben die Landwirte Vereinbarungen nach dem Bayerischen Vertragsnaturschutzprogramm abgeschlossen und bewirtschaften deshalb diese Flächen besonders natur- und umweltschonend.  Hierfür haben sie sich in dem Verein „Bischofsreuter Waldhufen“ zusammengeschlossen. Pro Einwohner werden im Rahmen dieses Förderprogrammes, für das die Gemeinde als Träger den Eigenanteil erbringt, in Haidmühle rund 30mal so viele Naturschutzmaßnahmen umgesetzt wie im bayerischen Durchschnitt.

Am Beispiel Haidmühle zeigt sich, dass Naturschutz den Rückzug der Landwirtschaft aus der Fläche bremsen kann oder sogar in der Lage ist, die Entwicklung ins Positive zu drehen. Naturschutz bietet hier landwirtschaftlichen Familienbetrieben, die landschaftsgebunden und naturverträglich wirtschaften wollen, eine Zukunftsperspektive! Damit wird Haidmühle die erste Gemeinde in Niederbayern, die diesen Titel tragen darf (Text Haidmühle: Regierung NB).

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